Rainer Kolbe - Das Kind

 

167 Krökrö und Spinat

Neulich habe ich ein wenig in dem Schuhkarten gewühlt, in dem ich alle Kolumnen aufbewahre, als „Hardcopy“ sozusagen. Von Folge eins 1 bis letzte Woche 166, da kann man sich schon ein wenig festlesen und blättern und sich einen Überblick verschaffen über die bisherigen Leistungen. Also über die bisherigen Leistungen des Kindes!

Wie nebenbei ist mir aufgefallen, dass das Thema „Einkaufen“ eine eher untergeordnete Rolle spielte, was mich verwundert, denn in meinem Leben als Hausmann und Vater spielt es eine eher nicht so untergeordnete Rolle.

Nun steht ja geschrieben „Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet.“ Doch der Kühlschrank ist fast leer, selbst der Hund guckt hungrig und im Brotkorb liegen nur ein paar hart gewordene Kanten. Es ist Zeit für den Einkauf!

Ich werfe dem Hund die harten Kanten zu und der Lieblingspastorin beiläufig ein „Ich fahr noch mal kurz was einkaufen!“ Da weiß sie, dass sie sich den Rest des Tages ganz entspannt und umgeben von großer Ruhe der nächsten Predigt widmen kann. Denn „noch mal kurz“ kann dauern. Wozu habe ich zwei Kinder?

„Krökrö!!“ ruft der Ganzlütte begeistert, als ich ihm seine Schühchen anziehe, während das große Kind seine Schuhe erstmal suchen muss. Aber es hat Zeit, denn ich muss nicht nur den Ganzlütten anziehen, sondern auch Teddy suchen, Herrn Delius suchen, die Rückentrage ins Auto laden, die Wickeltasche befüllen und schließlich Gurte und Riemen in meine Jackentasche stopfen. Wenn ich das alles habe und auch noch rechtzeitig bemerke, dass ich fast in Hausschuhen ins Auto gestiegen wäre, dann kann es endlich losgehen.

„Krökrö!!“, ruft der Ganzlütte und reißt vor Begeisterung Herrn Delius fast ein Ohr ab: „Und looos!!“ Das große Kind wiederum lässt vernehmlich ertönen: „Papa, kann ich ein Kaugummi haben!?“, und das ist klar, ohne diesen Satz kann unser Auto schon gar nicht mehr starten, glaube ich.

So fahren wir über Land, müssen fahren, denn in unserem Dorf gibt es zwar Backwerk zu kaufen, immerhin, aber Obst und Gemüse und diese unglaublich leckeren, mit Frischkäse gefüllten grünen Oliven, die gibt es nur in der nächsten Kleinstadt.

Vorsichtig lenke ich den Wagen durch das Schneetreiben, während ich von hinten beschallt werde, dass ich noch froh sein kann, schwerhörig zu sein. Die Große verballhornt grölend sämtliche Kinderlieder: „Alle meine Entchen, schwimmen im Spinat, schwimmen im Spinat, rutschen übers Spiegelei, landen im Salat.“ Auch der Ganzlütte kann schon ein Lied auswendig, nämlich dieses hier: „Da da daa da dada daada, da da daada dada da!“ Ins Hochdeutsche verdolmetscht: „Seht, was wir geerntet haben, lieber Gott, wir danken dir!“ Er singt es seit Ende September, viele Male am Tag, lauthals natürlich und mit großer Begeisterung. Der ignorante Teil der Familie findet allerdings, dass das Lied Mitte Februar und bei minus acht Grad nicht mehr ganz so passend ist.

Sanft rutschen wir Richtung Gewerbegebiet, die „Krökrö“-Rufe und „Spinat“-Gesänge steigern sich ins Kakophonische. Warum eigentlich unterliegt mein Arbeitsplatz als Hausmann und Vater nicht den gesetzlichen Bestimmung über, nur beispielsweise, Lärmschutz?

Und dann sind wir da! Jetzt geht es endlich richtig los! „Krökrö!!“

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