Rainer Kolbe - Das Kind

 

169 Krökrö, heute und morgen

Der Supermarkt ist natürlich auch ein sozialer Raum, in dem wir andere Menschen treffen. Das Kind entdeckt Lotta, „Da ist ja auch Lotta!! LOTTAAAA!!“, und weg ist es, verschwunden zwischen Nudeln und Reis, da kann man lange suchen. Ich wiederum begegne anderen Müttern, die ich noch aus des Kindes Kindergartenzeit kenne (meine Güte, ist das lange her, schon mehr als ein halbes Jahr!) und genieße deren neidvolle Blicke (sieh an, dieser Tunichtgut von Hausmann hat den Krökrö ergattert!).

Aber irgendwann ist auch der schönste alltägliche Einkauf zu Ende, irgendwann habe ich Krökrö und Kinder durch die enge Kasse laviert – zwischen Kasse und Parkplatz hat der Herr allerdings den Tresen vom Bäcker gesetzt. „Papa, kann ich ein Brötchen??“, tönt es vom Kind, eher feststellend als bittend, während der Ganzlütte dieses schludrig unvollständige Sprachgebilde versehentlich, aber völlig zutreffend zu einem grammatikalisch vollständigen Satz ergänzt „Habn?? Habn??“.

Nun gut, man liebt sie ja beide. Und mich, mich liebe ich auch. Also statte ich uns drei süß aus, wir kauen Richtung Auto. Der Abschiedsschmerz vom Krökrö hält sich in Grenzen, der Ganzlütten hat offenbar lange genug dringehockt; dort drüben lauern die nächsten bedürftigen Eltern. Ich verlade den Inhalt des Krökrös teilweise in den Kofferraum, teilweise in den Kindersitz, schubse Krökrö in die Richtung der Bedürftigen, und ab geht’s nach Hause.

Zuhause simuliert das Kind umgehend „volle Hände“ mit der leeren Brötchentüte in der einen und Teddy in der anderen und versucht sich zügig zu verdrücken, aber nix da, das Kind muss helfen beim Ausladen. Der Ganzlütte schleift begeistert die Großpackung seiner Windeln hinter sich her, vom Auto durch die schlammige Pfütze direkt ins Haus, macht auf dem kleinen Absatz kehrt und schleift die Windeln mit ungebremster Begeisterung durch die Pfütze wieder zurück zum Auto. So geht es dann noch eine Weile hin und her.

Das Kind trägt jetzt zwei recht leichte Teile vorsichtig ins Haus und schiebt sich dann auffällig unauffällig Richtung Treppe, die hoch zum Kinderzimmer führt, aber nix da, das Kind muss helfen. Tut es ja auch! Jetzt trägt es zwei weitere Teilchen mit großer Gemessenheit ins Haus. Und zieht sich dann, vollendete Tatsachen schaffend, die schlammigen Stiefel aus, während der Ganzlütte gerade samt Windelpaket in die schlammige Pfütze fällt, aber egal, er soll heute eh in die Wanne.

Da tritt die Lieblingspastorin aus dem Amtszimmer und begrüßt uns freudig, ich sehe ihr an, sie hatte einen erfolgreichen Nachmittag und konnte viele Dinge beschicken. „Und ihr?“

Tja, wir waren einkaufen. Das Kind brüllt von oben herunter „Ich hab ein Schokobrötchen gekriegt!!“ (Petze!) und der Ganzlütte berichtet begeistert: „Krökrö!!“

Darin steckt auch schon die Vorfreude auf Morgen. Es soll ja Menschen geben, die am Freitag Abend eine richtig lange Einkaufsliste machen und am Sonnabend nach dem Frühstück losfahren, das Auto bis unter das Dach befüllen und fürderhin eine Woche lang nicht mehr denken und fahren und einkaufen müssen und Ruhe haben. Das sind die Sammler. So bin ich allerdings nicht gestrickt noch geschaffen noch erzogen und als Mann ja sowieso eher Jäger: Ich jage Brot und Käse, Milch und Obst, Gemüse auch und dazu diese unglaublich leckeren, mit Frischkäse gefüllten grünen Oliven.

Als Jäger reicht es mir, wenn ich heute weiß, was ich für heute einkaufen muss. Und es steht geschrieben „Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen“. Dieses Wort unseres Herrn leben wir.

Und müssen also morgen wieder zum Einkaufen. Krökrö!!

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