Rainer Kolbe Das Kind

 

244 Zwei Räder, vier Räder

Es sind Ferien! Das Kind verbringt sie mit seiner Familie in den Wäldern Schwedens. Lassen Sie uns die Zeit nutzen einen kleinen Blick zurück zu tun. Denn immerhin - als diese Serie vor rund fünf Jahren begann, war das große Kind so klein wie es das kleine Kind heute ist. So müsste sich beim kleinen Kind doch alles wiederholen? Klar, ein eigener Mensch, aber eben auch ein dreijähriges Kind wie alle anderen dreijährigen Kinder. Ein kleines Kind, wie es das große einmal war. Oder?

Bestimmt kennen Sie den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in dem für den Helden jeder Tag gleich beginnt und seinen Lauf nimmt und unabänderlich scheint. Ist das Leben mit dem zweiten (dritten, vierten...) Kind also nur so eine Art Aufguss des schon erlebten Lebens? Oder war das erste Kind vielleicht nur der Prototyp zu einem erfolgreichen Serienmodell?

Machen wir die Probe. Prüfen wir, ob sich das Leben in der Familie in den Jahren ändert oder alles bleibt, wie es ist. Greifen wir also wahllos in die Fülle der Geschichten, die vor vielen Jahren auf dieser Seite standen: „Radtortour“, Folge 32:

„Ein schönes Beispiel für die Stehaufmädchenqualitäten unseres Kindes bekamen wir mit dem Besuch von lieben Freunden. Der Herr hat sie nach und nach mit drei Kindern gesegnet, und die älteste der drei, nur sieben Monate älter als unser Kind, ist ganz besonders gesegnet: Sie hat nämlich schon ein Fahrrad. Und dieser Segen wurde nun aus dem Auto gehoben, der Segen wurde elegant erklettert, los ging’s – und unser Kind stand abseits mit offenem Mund.“

Und heute? Freunde brauchen wir immer noch in unserem Leben. Aber wir brauchen sie nicht, damit unsere Kinder abseits stehen mit offenem Mund. Denn das kleine Kind hat eine große Schwester, das reicht. Und so wie die große Schwester auf den großen Roller steigt, so steigt er auf den kleinen Roller. Und so wie sie auf ihr Fahrrad steigt, so steigt er auf sein „Rauflad“, korrekt bekleidet mit einem Helm.

Doch halt. So ganz stimmt das nicht. Denn es gibt Fahrzeuge, die die Schwester wenig genutzt und annähernd ignoriert hat: Fahrzeuge mit VIER Rädern. Auf zwei Rädern ist sie virtuos, auf vier Rädern geht nix. Rutscheauto und Trettrecker, damit kam sie als Dreijährige kaum klar. Lenken? Wie lenken?

Da kommt das kleine Kind auf seinem grünen Trettrecker angefahren. Ein ganzer Kerl: Er schlägt das Lenkrad rechts herum ein, wenn er rechts herum rückwärts (!) einparken (!) will. Er blickt sich lässig um, schätzt die Entfernung korrekt ein und bremst. Er dreht das Lenkrad noch im Rückwärtsfahren in die andere Richtung, die er gleich für das Vorwärtsfahren braucht. Ich vermute einen Zufall, beobachte ihn lange. Nein, es hat System. Vielleicht gibt es doch einen Zusammenhang zwischen Geschlecht und Fahrzeug?

„Was aber wirklich anstrengend ist: Ich darf nicht schneller sein als das Kind! Wehe, ich überhole mal. Und so habe ich beim gemeinsamen Fahren mitunter große Mühe, mit dem Kind Schritt zu halten. Im wörtlichen Sinne, denn ich schiebe mein Rad, damit ich das Kind nicht aus Versehen überhole.“

Und heute? Ja, daran hat sich eigentlich nichts geändert. Ein Beispiel, neulich, auf dem Weg zum Einkaufen : das kleine Kind, der Hund und ich. Das kleine Kind bestand darauf, auf seinem Trettrecker zum Höker zu fahren. Nun gut, ich nahm eine extra Portion Zeit mit, denn es stellt schon eine gewisse Herausforderung dar, einem Dreijährigen auf einem Trettrecker mit zu allem Überfluss ausgeschlagenem Tretlager zu Fuß zu folgen, OHNE ihn zu überholen. Der Hund hat sich auf halben Weg mal ein bisschen hingelegt, war ja genügend Zeit.

Aber irgendwann haben wir es geschafft, tatsächlich noch vor Ladenschluss. Aber der Rückweg...

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