Das Kind
Erzählungen von Rainer Kolbe

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Folge vierundzwanzig
Der Gottesdienst - Teil I

Sie wollen in den Gottesdienst? Das ist schön. Sie wollen auch einmal einem normalen Gottesdienst beiwohnen, nicht immer nur Krabbel- und Kinder- und Familiengottesdiensten? Oha, und Sie wollen Ihre vierjährige Tochter trotzdem mitnehmen? Klar, kein Problem. Also, kein Problem für die Gemeinde, für die Pastorin, für das Gemäuer. Für Sie schon.

Was benötigen Sie und Ihr Kind für einen gedeihlichen Gottesdienst? Was ist überhaupt ein gedeihlicher Gottesdienst? In mehreren Teilen erfahren Sie hier alles, was nötig ist – aus der Praxis für die Praxis.

Einige Tage vorher: Machen Sie sich mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut. Liegt die Kirche inmitten eines Friedhofes? Wenn ja, planen Sie mehr Zeit für die Anfahrt ein! Wo kann das Laufrad abgestellt werden? Machen Sie sich dann mit dem Sakralbau selbst vertraut. Wie ist das Gestühl angeordnet? Wo sind die optimalen Plätze? Gibt es Kirchenbänke mit kleinen Türchen, die von Vierjährigen fortwährend auf und zu geklappt werden können? Gibt es eine Mikrophonanlage? Wenn ja, ist sie funktionsfähig? Gibt es eine Spielecke?

Lesen Sie ferner den Gemeindebrief. Sie erfahren so wichtige Dinge, die den anderen im Gottesdienst zu Gehör gebracht werden, die Sie aber aus verschiedenen Gründen nicht mitbekommen werden: Veranstaltungen und Termine, Geburtstage und Kollekten.

Anfahrt: Mit dem Laufrad. Auf dem Friedhof schieben! „Ich will aber um die Kirche fahren und rum und rum und rum!!“ Das Laufrad wird am Fahrradständer abgestellt oder, je nach Witterung – „Mein Laufrad darf GAR NICHT nass werden!!“ – im Kirchenvorraum. Wie gut, dass nicht alle Gottesdienstbesucher mit dem Laufrad kommen!

Mitzubringen: Ein Stoffpferd oder eine Puppe. Für das Pferd kleine Zügel, damit es während der Predigt nicht den Kirchengang auf und ab galoppiert. Für die Puppe ein Spielfläschchen, sie wird unweigerlich Durst haben. Zumindest, wenn das Fläschchen nicht dabei ist. Ferner eine Überraschungseifigur und das rote Playmobilmännchen mit dem Playmobilstaubsauger. Zwei „echtes Geld“ für die Kollekte. Drei Pixi-Bücher (Ich hab einen Freund, der ist Fleischermeister. Der kleine Pirat auf Schatzsuche. Was ist los bei der Feuerwehr?).

Mentale Vorbereitung: Engelsgeduld. Gegenüber dem Kind, das muss nicht eigens erwähnt werden. Gegenüber denjenigen, die etwas pikiert gucken, weil Sie mit Kleinkind in einen normalen Gottesdienst gehen. Gegenüber denjenigen, die etwas später kommen, sich ohne Not direkt vor Sie und Ihr Kind setzen und sich bei Kindergebrabbel immer wieder pikiert umgucken. Und gegenüber denjenigen, die etwas später kommen, sich ohne Not direkt hinter Sie und Ihr Kind setzen und dann den halben Gottesdienst lang mit dem Kind Duziduzi machen wollen. Als ob das Kind aus Duziduzi-Alter nicht längst heraus wäre.

Körperliche Vorbereitung: Reinigen Sie Ihre Gehörgänge. Sie werden zwar das gottesdienstliche Geplauder des Kindes lauter hören und das Duziduzi von hinten. Aber nur bei sauberen Gehörgängen haben Sie eine Chance, den fernen Worten des Liturgs etwas abzulauschen.

Und dann beginnt der Gottesdienst! Alles, was Sie dazu wissen müssen, erfahren Sie in der nächsten Woche...

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