Das Kind
Erzählungen von Rainer Kolbe

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Folge einunddreißig
Der Gottesdienst, Spezial: Abendmahl

Vor einigen Wochen wurde in drei Folgen aufgezeigt, wie man mit einer ganz normalen Vierjährigen einen ganz normalen Gottesdienst besucht. Das Thema wurde erschöpfend behandelt. Dachten Sie. Die drei Folgen waren die Pflicht, jetzt kommt die Kür: das Abendmahl.

An sich. Das An-sich soll hier nicht diskutiert werden. Es gibt Gemeinden, in denen Kindern das Abendmahl gereicht wird, und es gibt Gemeinden, in denen Kindern das Abendmahl nicht gereicht wird. Je nach dem, wie das in Ihrer Gemeinde ist, wird Ihr Kind etwas irritiert sein, wenn zu Besuch in einer anderen Gemeinde das jeweils andere stattfindet. Sie sollten es vorher mit dem Kind besprechen.

Vorbereitung. Unser Kind ist es gewohnt, das Abendmahl mit der Gemeinde zu teilen, und die Gemeinde ist das inzwischen ebenfalls gewohnt. Auch andernorts geht das Kind mit zum Abendmahl, selbst wenn es „nur“ die Hand aufgelegt bekommt. Das ist ja auch schön. Vorausgesetzt, des Pastors Hände sind sauber. Davon wollen wir ausgehen, schließlich befinden wir uns am Tisch des Herrn und vor dem Essen waschen wir uns die Hände. Es ist aber tatsächlich nicht immer der Fall – achten Sie mal drauf, beim nächsten Abendmahl...

Brot. Vor dem Gottesdienst haben Sie also geklärt, ob das Kind Teil hat an Brot und Kelch. Seien Sie auf den einen oder anderen Spruch gefasst. Ist das Brot eine Oblate und das Kind formuliert nach zügigem Mümmeln freudestrahlend „Papa, ich hab’ sie schon ’runter!!“, dann erfordert das schon einen etwas speziellen Humor der Umstehenden. Gut, manchmal sind Oblaten etwas trocken, aber muss man das so deutlich sagen?

Weinsaft. Vor dem Gottesdienst haben Sie auch geklärt, ob sich der Herr an diesem Sonntag als Wein oder als Saft materialisiert. Nehmen Sie gegebenenfalls etwas zu trinken mit für das Kind. Denn wenn der alkoholische Kelch am Kind vorübergeht, wird es Ihnen mittellaut, also unüberhörbar dringlich, mitteilen: „Papa, ich hab Durst!!“ Tipp: Das Päckchen mit dem Apfelsaft nicht während des Abendmahls, sondern erst hinterher in der Kirchenbank reichen.

Gefahren. Es soll schon vorgekommen sein: Die Wein-Saft-Verwechslung durch den Küster. Da hat ein kleines Kind schnell mal eine Fahne. Das ist zwar nicht neu, weil Oma beim Sonntagsbesuch dem Kind heimlich Eierlikör einträufelt, wenn Sie gerade auf Toilette sind. Dass das Kind seinen Sonntagsbesuch bei Oma mit einer Fahne nicht beendet, sondern beginnt, das ist neu. Tipp: Beim Abendmahl vor dem Kind an der Reihe sein.

Familie. Es kommt ebenfalls nicht so oft vor, doch mitunter ist der Liturg nicht nur Liturg, sondern auch Mitglied der Familie. Das Kind trippelt ungeduldig von einem Bein auf das andere, die Pastorin kommt näher, „Christus für dich!“, sie reicht dem Vater den Kelch, da springt das Kind: „Mama – Aaarm!!“ Nein, geht gerade nicht sooo gut.

Wandeln. „Komm wei-heiter!“ Tipp für die Wandelkommunion: Nehmen Sie es als Entdeckungstour, denn hinter dem Altar gibt’s viel zu sehen. Die Kiste mit den Zahlen für Liedernummerntafeln, zwei leere Weinflaschen und eine halb volle Flasche Bananensaft (fragen Sie nicht, Ihr Kind wird fragen), eine Klappleiter, ein bonbonfarbenes Eimerchen, ein Putzlappen.

Ja, und dann gibt es noch das Tischabendmahl. Sie können es sich denken – das ist ein Thema für sich...

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