Das Kind
Erzählungen von Rainer Kolbe

 

Bonus zwei
Pipi und Kaká

In der brasilianischen Fußballnationalmannschaft trägt einer der ausführenden Herren den Namen Kaká. Er zählt sicher zu den etwas auffälligeren, engagierteren Spielern und ist auch hierzulande nicht völlig unbekannt. Naja, Brasilien eben.

Der Mann ist mir sympathisch, und wir haben einiges gemeinsam. Nicht allein, dass mir eine ähnlich athletische Figur und eine ähnliche dynamische Sprintstärke eigen sind, auch die Gemeinsamkeit im Namen.

Mir als gelerntem Vater und Hausmann gebricht es wie jeder normalen Hausfrau auch gelegentlich an Bestätigung und dem sicheren Gefühl, Großes geleistet zu haben. Windeleimerleeren und Spülmaschineausräumen und Gassigehen mit unserem Hund Jola sind nicht die Dinge, mit denen man gegenüber der so genannten werktätigen Bevölkerung angeben kann, also gegenüber Spitzensportlern oder der eigenen Ehefrau. Nein, ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion über den gesellschaftlichen Wert von Kinder- und Hundeerziehung vom Zaun brechen. Ich sprach lediglich von einem gelegentlichen Gefühl.

Um dieses Gefühls Herr zu werden, muss ab und an gegengesteuert werden, und schillernd steht man da, wenn sich das Kind die Ärmchen um Papas Hals schlingt und zu Mama sagt „Geh weg!! Das ist mein Papa!! Und dann erhält Papa von sich selbst den ehrenvollen Titel Papa professionell. Das wird, klar, englisch ausgesprochen und kürzt sich, ebenso klar, P.P. ab, und auch das kann englisch ausgesprochen werden und ist, so mir etwas gut gelingt, schon fast ein geflügeltes Wort bei uns geworden. Also eine geflügelte Abkürzung. Bis neulich.

Denn unsere Tochter, des Englischen eher nicht mächtig – auch wenn sie schon ganz gut „Kumbaya, my Lord“ intonieren kann –, hört das notwendigerweise in ihrer Sprache. Und dort klingt P.P. ganz genauso wie Aufklogehen: Pipi.

„Pipi? Nein, Papa, du bist nicht Pipi, du bist Kaka.“ An dieser Stelle hätte der Dialog beendet werden müssen, und ich könnte mich sonnen in dem schönen Gefühl, dass meine Tochter mich schon heute für einen Weltklassesportler hält, athletisch, dynamisch.

Allein, es folgte noch ein Satz, tödlich für jedes Selbstwertgefühl: „Jola hat dich ausgekackt.“

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